Brose – Zu Besuch beim Motorenspezialist

Klein und effizient, modernste Technik auf engstem Raum – das Innenleben eines Elektromotors wirkt wie eine Zukunftsvision. Bei Brose ist genau diese filigrane Hightecharbeit das tägliche Geschäft. Seit über 60 Jahren baut man Elektromotoren bereits – und das höchst erfolgreich. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass man sich längst auch im E-Bike-Sektor einen Namen gemacht hat. Ein Besuch im Brose-Werk in Berlin.

Sechs Stationen sind der Schlüssel zum Erfolg. Vom Einsetzen des Magnesiumschwungrades bis zur Montage des Zahnriemens, von der Programmierung der Steuerungsplatine bis hin zum schützenden Gehäuse. In einem abgetrennten Bereich im Brose-Werk in der Sickingenstraße im Berliner Stadtteil Moabit arbeiten rund 50 Mitarbeiter täglich an der Fertigung der Brose-E-Bike-Motoren. Vom ersten Entwurf bis zur abschließenden Qualitätskontrolle. „Um den kompletten Antrieb zu entwickeln, haben wir rund drei Jahre gebraucht. Heute verlassen rund 400 E-Bike-Motoren pro Tag unser Werk“, erklärt Horst Schuster, Leiter Vertrieb und Marketing bei Brose, während er durch die Anlagen führt. „Alle Prozesse hier sind optimiert – und natürlich profitieren wir von unserer Erfahrung aus dem Automobilbereich“, fährt er fort.

1908 durch den Kaufmann Max Brose als Handelshaus für Auto- und Flugzeugteile gegründet, beschäftigt sich Brose seit über 60 Jahren mit der Konstruktion von Elektromotoren. Heute verkauft man die filigranen Antriebshelfer in die ganze Welt – alleine 2017 verließen 200 Millionen Elektromotoren die 62 global verteilten Standorte. Doch trotz dieser langen Historie und beeindruckenden Zahlen werde man schnell unterschätzt, sagt Schuster. „So gut wie jeder nutzt Brose, aber nur wenige kennen uns“, so der Vertriebsexperte. Der Grund hierfür ist schnell gefunden: Die kleinen Hightechprodukte haben ihren großen Auftritt meist im Verborgenen, etwa bei Fensterhebern, Scheibenwischern oder Sitzautomatiken. “, ist Schuster stolz.

"Heute hat aber jedes zweite Automobil auf der Welt zumindest ein Brose-Teil verbaut."
Horst Schuster, Leiter Vertrieb und Marketing bei Brose

E-Bikes als zukünftiges Wirtschaftsfeld

Dass mittlerweile auch E-Bike-Motoren zum Portfolio zählen, liegt an der globalen Marktentwicklung vor zehn Jahren. Genau zum 100-jährigen Firmenjubiläum erfasst die Wirtschaftskrise die Automobilindustrie. „Bei Brose hat man damals daher überlegt, wie man sinnvoll in die Zukunft investieren könne“, erzählt Schuster. Ein Ergebnis: urbane Mobilität und E-Bikes. Es beginnt ein jahrelanger Entwicklungsprozess, in dem man Wissen und Erfahrung aus der Automobilindustrie in den Fahrradbereich überträgt. Die Basis für den zukünftigen E-Bike-Antrieb liefert ein klassischer Lenkungsmotor – so wie er im Auto eingesetzt wird. „Weil dieser aufgrund seiner Konstruktion die ideale Basis für einen E-Bike-Antrieb mit authentischem Fahrgefühl bietet“, so Schuster.

Nach mehreren Hunderttausend Testkilometern in den bayerischen Alpen stellt man die Brose Drive Unit 2013 erstmals auf der Internationalen Automobil-Ausstellung vor, 2014 geht man schließlich in Serienproduktion. 22 Marken arbeiten sofort mit Brose zusammen, der Erfolg stellt sich schnell ein. Doch es gibt auch Startschwierigkeiten: Noch überhitzt der Motor schnell. Die eingebaute Schutzfunktion drosselt entsprechend die Leistung – besonders bei steilen E-MTB-Touren ein Problem. Der Kritik begegnet Brose mit einer Evolution: Die zweite Generation unter dem Namen Drive ist unter anderem mit einer neuen Konstruktion, Wärmeleitpads und einer neuen Software ausgestattet. „Die Probleme waren damit passé“, sagt Schuster.

Das Besondere an der aktuellen Drive-Generation: Mit der neuen Produktfamilie hat Brose drei Antriebe für unterschiedliche E-Bikes entwickelt: Drive-T für Touring und Urban, Drive-S für Sport und Mountainbike, sowie Drive TF für S-Pedelecs. „Für Mountainbiker ist das e-Bike vor allem ein agiles Sportgerät. Daher sollte das Fahrverhalten auch mit Antrieb einem klassischen Mountainbike ebenbürtig sein. Ein Urban Bike braucht aber wiederum ein anderes Fahrverhalten“, erklärt Schuster. Die Industrie zeigt sich vom individuellen Konzept begeistert: Über 100.000 E-Bike-Motoren produziert Brose alleine im Jahr 2017. Und für die kommende Saison wird man bereits mit mehr als 30 Herstellern zusammenarbeiten – darunter namhafte Marken wie BH Bikes, Specialized oder Scott.

Bereit für eine digitale und vielfältige Zukunft

Stolz ist man darauf, dass alle Modelle zu 100 Prozent in Deutschland produziert werden. Im Brose-Werk in Berlin verläuft der Großteil der Arbeit automatisiert, die Erfahrung aus der Automobilindustrie macht sich nicht nur bei den Abläufen, sondern auch bei den Analyseinstrumenten und Qualitätsmethoden bemerkbar. „Wir führen bei jedem Produkt eine hundertprozentige Kontrolle durch. Die Qualität muss in diesem hochsensiblen Bereich absolut stimmen“, sagt Schuster, während er durch die Stationen führt. Ein Schritt ins möglicherweise günstigere Ausland komme nicht in Frage: „Das würde uns überhaupt keinen Vorteil bringen – alle schon aufgrund unserer hohen Qualitätsbestimmungen.“

Ein weiterer Vorteil des Produktionsstandortes: die kurzen Wege. Nur wenige Meter entfernt wird entwickelt und getüftelt, die Pläne für die nächste Generation an E-Bike-Motoren befinden sich bereits in der Schublade. Auf die Frage nach der Zukunft sieht Schuster vor allem zwei Trends auf die E-Bike-Community zurollen: Ausdifferenzierung und Digitalisierung.

"Es wird mehr E-Bike-Motoren geben, die spezielle auf die unterschiedliche Einsatzbereiche abgestimmt sind – so, wie wir es heute schon mit unseren drei Modellen anbieten. Außerdem wird das Thema Konnektivität an Bedeutung gewinnen."
Horst Schuster, Leiter Vertrieb und Marketing bei Brose

Denn langfristig sei das E-Bike, so Schuster, nicht mehr aus den Städten wegzudenken. „Der Trend zur Urbanisierung wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Und das Elektrorad wird fester Bestandteil des urbanen Mobilitätskonzeptes sein“, ist er sich sicher. Bei Brose Antriebstechnik freut man sich auf diese Entwicklung. Denn egal ob es der Lenkungsmotor eines Automobils oder ein Antrieb für ein E-Bike am Puls der Zeit ist: Mit Elektromotoren kennt man sich in Berlin aus – seit mehr als 60 Jahren.

200 Millionen Elektromotoren baut Brose jährlich.
Über 1 Million Testkilometer liegen der Brose Drive Unit zugrunde.
3 E-Bike-Motoren hat man im Sortiment
100.000 E-Bike-Antriebe produzierte Brose 2017